(strafbefreiende) Selbstanzeige Steuerstrafverfahren wurde noch nicht eingeleitet

Steuerrecht

Wann macht die Abgabe einer Selbstanzeige Sinn?

  • a) Der Steuerpflichtige hat in der Vergangenheit Steuern hinterzogen. Die Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der subjektive und/oder objektive Tatbestand erfüllt sind. Dies kann z.B. in folgenden Fallgestaltungen geschehen:
    • Keine Abgabe Steuererklärungen über einen längeren Zeitraum
      Beispiel: Der Steuerpflichtige S hat in den letzten Jahren keine Einkommensteuererklärung erstellt und beim Finanzamt abgegeben. Stattdessen erhielt er jährlich einen geschätzten Einkommensteuerbescheid und bezahlte die im Schätzbescheid festgesetzte Steuer.
    • Abgabe Steuererklärungen, allerdings mit bewusst verkürzten Einnahmen oder erhöhten Ausgaben.
      Beispiel: Der Steuerpflichtige S besitzt mehrere Vermietungs-Immobilien. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hat er bewusst einen hohen Anteil an Mieteinnahmen nicht erfasst und erklärt.
    • Abgabe Steuererklärungen, allerdings mit bewusstem Nichtansatz von Einnahmen.
      Beispiel: Der Steuerpflichtige S lebt in München und besitzt ein hohes Anlagenkonto im Ausland und erzielte dort Zinseinkünfte. In seinen Einkommensteuererklärungen hat S die ausländischen Zinseinnahmen nicht erklärt und versteuert.
  • b) Die einzelne Straftat ist noch nicht verjährt.
    Die Verjährung im Strafrecht tritt grds. nach 5 Jahren ein. Ausnahme: Es handelt sich um sog. „grobes Ausmaß“, wonach der Steuerschaden pro Einzeltat über T€ 50 bzw. über T€ 100 liegt. Dann verlängert sich die strafrechtliche Verjährung auf bis zu 15 Jahre. Steuerrechtlich liegt die Verjährung bei 10 Jahren.
  • c) Der Steuerpflichtige will sein schlechtes Gewissen bereinigen bzw. hat Angst, dass sein falsches Vorgehen entdeckt wird und mit strafrechtlichen (für ihn nicht kalkulierbaren) Konsequenzen geahndet wird. Er will durch die Tataufdeckung Strafbefreiung erlangen, um wieder Lebensqualität zu gewinnen.
  • d) Der Steuerpflichtige muss damit rechnen, dass sein falsches Vorgehen unmittelbar oder zeitnah vor der Tatentdeckung steht und will dem zuvorkommen, um Strafbefreiung zu erlangen.

Ziel der Selbstanzeige?

Erlangung der vollständigen Strafbefreiung!

Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige?

Die Selbstanzeige ist nach geltendem Recht an strenge Voraussetzungen gebunden:

  • Kein Vorliegen von sog. Ausschlusskriterien. Zu den in der Praxis häufigsten Ausschlusskriterien zählen:
    • Tatentdeckung liegt bereits vor (z.B. beim Finanzamt), bislang wurde noch kein Steuerstrafverfahren eingeleitet.
    • Eine Prüfungsanordnung vom Finanzamt wurde ordnungsgemäß dem Steuerpflichtigen oder dessen steuerlichen Vertreter bekannt gegeben.
    • Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens wurde dem Beschuldigten bereits zugestellt.
    • Die Steuerfahndung hat die Wohnräume/Geschäftsräume des Beschuldigten bereits betreten.
  • Vollständigkeit der Selbstanzeige „Nur ein Schuss erlaubt“:
    Die Selbstanzeige muss im kompletten und nicht verjährten Zeitraum über alle Steuererklärungen vollständig und richtig erfolgen. Es reicht nicht aus, dass die Nacherklärung in einem ersten Schritt dem Finanzamt angezeigt wird und in einem zweiten Schritt die berichtigten Steuererklärungen nachgereicht werden (sog. Stufen-Selbstanzeige). Vielmehr müssen alle falschen Steuererklärungen ggfs. über einen 10-Jahres-Zeitraum richtig nacherklärt und in einem Akt dem Finanzamt übermittelt werden.
  • Die hinterzogene Steuer muss binnen Fristsetzung in einer Summe an das Finanzamt entrichtet werden (sog. vollständige Schadenswiedergutmachung). In der Regel binnen einem Monat nach Bekanntgabe der geänderten Steuerbescheide.
  • Das Finanzamt setzt zum normalen Zinslauf auch noch Hinterziehungszinsen fest, beide in Höhe von 6% p.a., also in Summe 12% p.a.. Diese müssen ebenfalls jeweils nach Bekanntgabe des jeweiligen Zinsbescheides binnen einem Monat an das Finanzamt entrichtet werden.

Liegt nur eine Voraussetzung nicht vor, entfaltet die Selbstanzeige keine Strafbefreiung und es kommt zur zeitnahen Einleitung des Steuerstrafverfahrens gegen den Beschuldigten.

Arten der Selbstanzeige

Neben der normalen Selbstanzeige i.S.d. §371 AO gibt es die Selbstanzeige „zweiter Klasse“ nach §398a AO. Diese kann unter Umständen dann gewählt werden, sollten zwei der Voraussetzungen der normalen Selbstanzeige nicht vorliegen. Im Fall der Selbstanzeige zweiter Klasse ist dann zuzüglich zu den o.g. Zinsen eine Geldstrafe zu entrichten, gestaffelt nach der Höhe der hinterzogenen Steuer zwischen 10%-20%. Diese Geldstrafe bewirkt den Amnestiecharakter, es handelt sich um den sogenannten Amnesiejoker.

Die Berichtigung zur Selbstanzeige

Die Berichtigung nach §153 AO ist dann zu wählen, sollte kein subjektiver Tatbestand der Steuerhinterziehung vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen keine Schuld trifft, dass er Steuern verkürzt hat.

Beispiel: Der Steuerpflichtige hat bei seinen Mieteinkünften die nicht umlagefähigen Werbungskosten aus der ihm von seiner beauftragten Hausverwaltung in den Vorjahren 1:1 übernommen und in seiner Einkommensteuererklärung angesetzt. Jahre später stellt die Hausverwaltung fest, dass diese aufgrund eines EDV-Fehlers fehlerhaft waren und teilt dies dem Vermieter mit.
Der Vermieter zeigt unmittelbar, d.h. ohne zeitliches Verzögern dem Finanzamt den Umstand bzw. Fehler mit und gibt für die Vorjahre berichtigte Steuererklärungen mit den richtigen Werten ab.

Art und Umfang unserer Selbstanzeige­beratung

Wir prüfen für Sie in einem ersten Schritt, ob die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige vorliegen? Wenn ja, werden vorzugsweise durch einen Steuerberater mit Schwerpunktberatung Steuerstrafrecht alle Steuererklärungen im nicht verjährten Zeitraum (5 Jahre oder 10 Jahre) neu erarbeitet samt Inkludierung aller richtigen tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben (ggfs. unter Zuhilfenahme großzügiger Schätzungen zu Gunsten des Fiskus). Hier wird auch das Steuerhinterziehungsvolumen berechnet samt Simulation der anfallenden Zinsen und ggfs. der anfallenden Geldstrafe. Danach erfolgt die Übermittlung an das Finanzamt samt Bearbeitung aller Rückfragen des Finanzamtes mit der finalen Prüfung aller Änderungssteuerbescheide und Zinsbescheide.

Liegt eine der Voraussetzungen dagegen nicht vor, betreuen wir Sie auch zusätzlich ab der Einleitung des Steuerstrafverfahrens.
Hier bietet sich an, zusammen mit dem Strafverteidiger durch einen Steuerberater mit Schwerpunktberatung Steuerstrafrecht eine Schnittstelle mit der Bustra (Buß- und Strafstellensache des Finanzamtes), dem Betriebsprüfer oder dem Steuerfahnder zu bilden. Ziel dabei ist es, in diesem Stadium der Ermittlung das festzustellende Steuerhinterziehungsvolumens so gering wie möglich zu halten.

Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens geht es regelmäßig in einem zweiten Schritt um die Strafzumessung. Hier übernimmt den Fall vorrangig der ausgewählte Strafverteidiger, wonach dieser seine Arbeit dafür einsetzt, das Strafmaß zu Gunsten des Beschuldigten mit der Bustra oder im Falle der Anklage mit Staatsanwaltschaft und Gericht auszuhandeln und möglichst nach unten zu drosseln.

Nach Beendigung des Steuerstrafverfahrens muss dann für die Zukunft sichergestellt werden, dass der Steuerpflichtige die alten Fehler nicht mehr wiederholt. Hier übernimmt regelmäßig wieder der Steuerberater und gibt für die Folgejahre alle Steuererklärungen richtig ab.

Unsere Empfehlung

Wir raten Ihnen dringend an, bei begangener Steuerhinterziehung eine Selbstanzeigeberatung als bald in Anspruch zu nehmen. Aus unserer Praxiserfahrung haben die Finanzbehörden bundesweit in den letzten Jahren derart personell und technisch aufgestockt, dass eine Vielzahl an Straftaten in erheblicher Quote aufgedeckt wird. Es ist häufig nur eine Frage der Zeit.
Nach der Aufdeckung und Einleitung des Steuerstrafverfahrens drohen empfindliche Geldstrafen bis hin zur Freiheitsstrafe bereits ab einem Hinterziehungsvolumen von T€ 50 bzw. T€ 100 pro Straftat (sog. grobes Ausmaß).

Mit der Selbstanzeige haben Sie die reale Chance straffrei auszugehen, Sie erleichtern Ihr Gewissen mit einem neuen unbeschwerten Lebensgefühl für sich und Ihre Familie.